"Problem gelöst? Geschichte(n) eines Virus" - Interview von Rayelle Niemann mit René Jaccard, 2019
- 2019
- Dauer: 01:24:39
Beschreibung
Gespräch mit dem pensionierten Arzt René Jaccard, über die Arbeit mit Hiv Betroffenen in seiner Arztpraxis in Zürich. Er erzählt von seinen ersten Berührungen mit dem HI-Virus Mitte der 1980er Jahre und über die sehr ausweglose Situation damals. In diesem Zusammenhang berichtet er über die Entwicklung der medizinischen Forschung, über Konflikte und Zusammenarbeit von Spitälern und Arztpraxen und über die psychische Belastung von Ärzten. Um Letzterem entgegenzuwirken gründet er 1993 Hiv Pract, wo sich Ärzte weiterbilden und austauschen können. Jaccard erklärt im weiteren Verlauf die Tragweite von Aids-definierenden Krankheiten, die Rolle von gebrauchten Spritzen bei der Übertragung des HI Virus und über das Spritzenabgabeverbot sowie den Widerstand dagegen. Er beschreibt das Aufkommen, die Wirkung und die Auswirkungen der ersten Medikamente in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre: Die Dreierkombination hat die Ausbreitung des Virus enorm eingeschränkt, Aids-definierende Krankheiten gehen massiv zurück, aber die Behandlung kommt teilweise dennoch nicht ohne Nebenwirkungen aus. Jaccard beschreibt ausserdem die Wirkungsweisen von HI Viren und CD4-Zellen, die Wichtigkeit von regelmässigen Messungen und die Rolle und Umstrittenheit des Swiss Statement. Abschliessend teilt er seine Meinung zu PEP (Postexpositionsprophylaxe) und PrEP (Präexpositionsprophylaxe) und der Love Life Kampagnen, äussert sich kritisch zur Pharmaindustrie und globaler Ungleichheit beim Zugang zu Behandlungen und erklärt den Zusammenhang von Infektionen und Schwangerschaft.
00:00:26 Gespräch mit René Jaccard, 69 Jahre, Arzt im Ruhestand
00:01:05 Erste Berührungen mit Hiv Betroffenen in Praxis
00:01:56 Entdeckung des HI-Virus 1984; Unklarheiten über Betreuung von Hiv PatientInnen
00:02:30 Ursprung des Interesses an Thema; schulwissenschaftlicher Zugang
00:03:57 Erste Hiv Tests an Spitälern
00:04:33 1984 keine Medikamente; 1987 AZT als erstes Hiv Medikament, allerdings sehr umstritten; Kompetenzen von Arztpraxen und Spitälern
00:05:51 AZT polarisierend unter Betroffenen und Ärzten; Beziehungen innerhalb der Ärzteschaft; Aufkommen der Zweier- und Dreierkombinationen als erste wirksame Behandlung; auch Arztpraxen (statt lediglich Spitäler) können verschreiben
00:10:33 Entwicklung der medizinischen Forschung um die 1990er Jahre; asymptomatische Infizierte machen weit über 50 Prozent der positiv Getesteten aus; Aids-definierende Krankheiten als Folge von Hiv (z.B. eine Form der Lungenentzündung, Toxoplasmose, Kaposi-Sarkom); Entwicklung einer Aids-definierenden Krankheit als «Point of no return»; Stigmatisierung
00:17:36 Krankheiten bei Hiv Infizierten: Gewichtsabnahme, Wasting Syndrom, Tuberkulose
00:19:39 Unterstützung von Arztpraxen durch Spitäler, aber auch Konflikte; Methadonbehandlungen in Praxis führt zu Kontakt mit Hiv Betroffenen; Tragweite von Hiv wird über Jahre erst klar; Belastung für Ärzteschaft; 1993 Gründung Hiv Pract für den Austausch und Weiterbildung von Ärzten
00:24:25 Zusammenstehen unter Ärzten; Balint-Gruppe für den psychiatrisch begleiteten Austausch; Burnout und psychotherapeutische Behandlung
00:27:18 Palliative medizinische Einrichtungen: Ankerhaus und Lighthouse
00:28:43 Hepatitis und Hiv verbreitet durch gebrauchte Spritzen und Sex; Unverständnis über Spritzenabgabe-Verbot; Engagement von André Seidenberg (vgl. Sozarch_F-9081-001); Widerstand durch Abgabe von sterilen Spritzen von gewissen Praxen
00:32:40 1988 Hiv Kohorten-Studie zur Verbesserung der Kenntnisse: Sammeln von Blutproben und Daten über mehrere Jahre; Kritik an Ausschluss von Arztpraxen von dieser Studie; Sesam Studie im Raum Zürich zu Vergleich der Krankheitsverläufe zwischen PatientInnen in Praxen und Spitälern führt zu Zugang zu Kohorten-Studie
00:39:07 1996 Dreierkombination als erste wirksame Behandlung; schwierige Behandlung wegen starker Nebenwirkungen; persönliche Erfahrungen durch Selbsttests
00:44:06 Aids-definierende Krankheiten werden seltener; schwierige Behandlung allerdings auch mit Hiv Medikamenten; teilweise Divergenz zwischen Verbesserung der Blutwerte und Verschlechterung des (gefühlten) Gesundheitszustands
00:49:00 Zwei Gruppen von Betroffenen: Die einen starten Behandlung als gesunde Patienten, andere sind krank und haben oft eine längere Krankheitsgeschichte
00:51:47 Funktion der CD4-Zellen; Angriff des HI Virus auf CD4-Zellen; Aids-definierende Krankheit als Folge von zu wenigen CD4-Zellen; Bedeutung und Einordnung der Messung von CD4-Zellen05:
00:58:45 Wichtigkeit der regelmässigen Messung der HI Viruslast; Korrelation der Infektiosität und der Virenlast
01:00:23 Einführung der Dreierkombination hat Verbreitung von Hiv massiv eingeschränkt; Abnahme der Übertragung dank Kondomen schon vor der Einführung von Medikamenten; Fragen der Sexualität und Kinderwunsch bei Infektion; Swiss Statement gibt Antwort darauf; Reaktionen auf Swiss Statement; Wichtigkeit der regelmässigen, korrekten Medikamenteneinnahme; Swiss Statement und juristische Situation
01:08:58 Funktionsweise und Anwendungsbereich von PEP
01:10:53 Meinung zu PrEP; Nebenwirkungen, Gefahr von Resistenzen, Kosten, kein Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten
01:14:48 Meinung zu Love Life Kampagne von SeGZ
01:16:02 Unterstützung am wichtigsten für die Gruppe derer bei denen die Behandlung nicht anschlägt
01:17:34 Wunsch nach Rückgang der Stigmatisierung von Betroffenen ausserhalb der Schweiz; globale Gerechtigkeit
01:19:25 Pharmaindustrie und Zugang zu Behandlungen in der Dritten Welt; Generika als potentieller Ausweg
01:21:48 Gefahr der Übertragung zwischen infizierter Mutter und Kind
01:23:40 Reduktion der Gefahr durch Kaiserschnitt
01:24:39 Ende des Gesprächs
00:00:26 Gespräch mit René Jaccard, 69 Jahre, Arzt im Ruhestand
00:01:05 Erste Berührungen mit Hiv Betroffenen in Praxis
00:01:56 Entdeckung des HI-Virus 1984; Unklarheiten über Betreuung von Hiv PatientInnen
00:02:30 Ursprung des Interesses an Thema; schulwissenschaftlicher Zugang
00:03:57 Erste Hiv Tests an Spitälern
00:04:33 1984 keine Medikamente; 1987 AZT als erstes Hiv Medikament, allerdings sehr umstritten; Kompetenzen von Arztpraxen und Spitälern
00:05:51 AZT polarisierend unter Betroffenen und Ärzten; Beziehungen innerhalb der Ärzteschaft; Aufkommen der Zweier- und Dreierkombinationen als erste wirksame Behandlung; auch Arztpraxen (statt lediglich Spitäler) können verschreiben
00:10:33 Entwicklung der medizinischen Forschung um die 1990er Jahre; asymptomatische Infizierte machen weit über 50 Prozent der positiv Getesteten aus; Aids-definierende Krankheiten als Folge von Hiv (z.B. eine Form der Lungenentzündung, Toxoplasmose, Kaposi-Sarkom); Entwicklung einer Aids-definierenden Krankheit als «Point of no return»; Stigmatisierung
00:17:36 Krankheiten bei Hiv Infizierten: Gewichtsabnahme, Wasting Syndrom, Tuberkulose
00:19:39 Unterstützung von Arztpraxen durch Spitäler, aber auch Konflikte; Methadonbehandlungen in Praxis führt zu Kontakt mit Hiv Betroffenen; Tragweite von Hiv wird über Jahre erst klar; Belastung für Ärzteschaft; 1993 Gründung Hiv Pract für den Austausch und Weiterbildung von Ärzten
00:24:25 Zusammenstehen unter Ärzten; Balint-Gruppe für den psychiatrisch begleiteten Austausch; Burnout und psychotherapeutische Behandlung
00:27:18 Palliative medizinische Einrichtungen: Ankerhaus und Lighthouse
00:28:43 Hepatitis und Hiv verbreitet durch gebrauchte Spritzen und Sex; Unverständnis über Spritzenabgabe-Verbot; Engagement von André Seidenberg (vgl. Sozarch_F-9081-001); Widerstand durch Abgabe von sterilen Spritzen von gewissen Praxen
00:32:40 1988 Hiv Kohorten-Studie zur Verbesserung der Kenntnisse: Sammeln von Blutproben und Daten über mehrere Jahre; Kritik an Ausschluss von Arztpraxen von dieser Studie; Sesam Studie im Raum Zürich zu Vergleich der Krankheitsverläufe zwischen PatientInnen in Praxen und Spitälern führt zu Zugang zu Kohorten-Studie
00:39:07 1996 Dreierkombination als erste wirksame Behandlung; schwierige Behandlung wegen starker Nebenwirkungen; persönliche Erfahrungen durch Selbsttests
00:44:06 Aids-definierende Krankheiten werden seltener; schwierige Behandlung allerdings auch mit Hiv Medikamenten; teilweise Divergenz zwischen Verbesserung der Blutwerte und Verschlechterung des (gefühlten) Gesundheitszustands
00:49:00 Zwei Gruppen von Betroffenen: Die einen starten Behandlung als gesunde Patienten, andere sind krank und haben oft eine längere Krankheitsgeschichte
00:51:47 Funktion der CD4-Zellen; Angriff des HI Virus auf CD4-Zellen; Aids-definierende Krankheit als Folge von zu wenigen CD4-Zellen; Bedeutung und Einordnung der Messung von CD4-Zellen05:
00:58:45 Wichtigkeit der regelmässigen Messung der HI Viruslast; Korrelation der Infektiosität und der Virenlast
01:00:23 Einführung der Dreierkombination hat Verbreitung von Hiv massiv eingeschränkt; Abnahme der Übertragung dank Kondomen schon vor der Einführung von Medikamenten; Fragen der Sexualität und Kinderwunsch bei Infektion; Swiss Statement gibt Antwort darauf; Reaktionen auf Swiss Statement; Wichtigkeit der regelmässigen, korrekten Medikamenteneinnahme; Swiss Statement und juristische Situation
01:08:58 Funktionsweise und Anwendungsbereich von PEP
01:10:53 Meinung zu PrEP; Nebenwirkungen, Gefahr von Resistenzen, Kosten, kein Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten
01:14:48 Meinung zu Love Life Kampagne von SeGZ
01:16:02 Unterstützung am wichtigsten für die Gruppe derer bei denen die Behandlung nicht anschlägt
01:17:34 Wunsch nach Rückgang der Stigmatisierung von Betroffenen ausserhalb der Schweiz; globale Gerechtigkeit
01:19:25 Pharmaindustrie und Zugang zu Behandlungen in der Dritten Welt; Generika als potentieller Ausweg
01:21:48 Gefahr der Übertragung zwischen infizierter Mutter und Kind
01:23:40 Reduktion der Gefahr durch Kaiserschnitt
01:24:39 Ende des Gesprächs
Dieses Dokument wurde mit der Unterstützung von Memoriav erhalten.
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