Die KWD-Sammlung Schweizer Musik oder "Sammlung Dür", wie sie beim Radio oft genannt wird, wurde hauptsächlich zwischen 1957–67 beim Schweizerischen Kurzwellendienst zusammengetragen (KWD, gegr. 1935, seit 1978 bis zu seiner Schliessung 2004 Schweizer Radio International, heute: Swissinfo.ch). Es handelt sich um ein Konvolut von ca. 7'600 Tonbandkopien mit Eigenaufnahmen aus der gesamten SRG. Der regionale Schwerpunkt liegt auf der Deutschschweiz, der musikalische Schwerpunkt der Sammlung auf Volks- und Unterhaltungsmusik aus der Schweiz. Der Bestand bildete einen grossen Teil des Tonbandarchivs des KWD und wurde vom damaligen Leiter der "Sonothek", Fritz Dür (1920–1990) und seiner Mitarbeiterin Dora Zbinden zusammengetragen. Sie kopierten Musik aus allen sechs Schweizer Radiostudios (Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, Zürich) auf 1/4-Zoll-Magnettonbänder, um die Musik für das KWD-Programm nutzen zu können. Physisch ist die Sammlung bei der Schweizer Nationalphonothek im Magazin der Nationalbibliothek in Bern gesichert. Eine Auswahl von ca. 12 Prozent der Sammlung (978 Stücke) stehen ab 2016 in digitalisierter Form wieder für das Radioprogramm und die interessierte Öffentlichkeit über die Hörstationen der Nationalphonothek zur Verfügung mit geprüften und verbesserten Metadaten zur Verfügung.

1957-1967
Diverse Sprachen meist aus der Schweiz

Nur als Inventar in Memmobase hinterlegt. Excel Daten folgen.

Beschreibung

Bei der Sammlung handelt es sich um ein kopiertes Konvolut, dessen Sammlungskriterien nicht dokumentiert sind, aber dessen Genese sich über Interviews und Archivfragmente rekonstruieren liess: Das Radio in jener Zeit hatte einen grossen Bedarf an Unterhaltungs- und Volksmusik, die bei den Hörer/innen sehr beliebt war. Auch der Kurzwellendienst benötigte immer wieder aktuelle Musik, die mehrere Zwecke erfüllen musste: Sie musste zum Einen für mehrere Zielpublika attraktiv sein: Sie sollte die Auslandsschweizer mit populärer Musik aus der Heimat erfreuen, für das internationale Publikum Schweizerische Kultur vermitteln und auch für ein schweizerisches Publikum gut klingen, da die Sonothek neben dem KWD auch den Telephonrundspruch mit Musik belieferte. Die Musiksammlung musste auch technischen Erfordernissen dienen: Sie musste bei der Sendersuche leicht erkennbar sein, da Kurzwellensender keine festen Frequenzen hatten, und sie musste in der Übertragung über mehrere Kontinente immer noch gut klingen. Daher lag nahe, bestimmte Musikstile und Instrumentierungen zu wählen, etwa Jodel, Ländlermusik mit mittigem und hohem Klangspektrum und Instrumentierungen mit starkem Rhythmus und robusten Melodien.

Fritz Dür begann 1957 damit, in einer Phase des Ausbaus des Rundfunks in der Schweiz, das Archiv zu reorganisieren, wie er in einem internen Vermerk festhält, und die bestehende Sammlung zu ordnen und zu ergänzen. Es ist wahrscheinlich, dass Dür bei der Auswahl der Sammlung sich an den tagesaktuellen Bedürfnissen der Redaktionen orientierte resp. mit diesen zusammenarbeitete und dass man beim KWD auch berücksichtigte, als "Stimme der Schweiz" für verschiedene Zielpublika interessant zu sein. Vermutlich setzte Dür als Musikwissenschaftler aber auch eigene Akzente, indem er auch Jazz und Klassik in die Sammlung aufnahm. In der Praxis bekam Dür von den Radiostudios aktuelle Eigenproduktionen im Band- und Programmaustausch angeboten und übernahm dann eine Auswahl ins KWD-Archiv. Zum Beispiel: Im Bereich der klassischen Musik wurden meist alle Sätze eines Werks übernommen, während im Bereich der Volks- und Unterhaltungsmusik aus einer Aufnahmesession mit mehreren Stücken teilweise nur 1 Stück für den KWD kopiert wurde.
Die über die Nationalphonothek zugänglichen Stücke wurden in einem weiteren Schritt durch ein Forschungsprojekt und durch das Radio ausgewählt. Im Auftrag des Radios hat SRF D+A 2006–14 ca. 200 Stücke für das Programm digitalisiert. Im Rahmen des SNF-Forschungsprojekt "Broadcasting Swissness" wurden 2013 knapp 700 Stücke digitalisiert, wobei vier Auswahlkriterien zu Grunde lagen: Überblick über die Volks- und Unterhaltungsmusik der 1950er/60er Jahre, Vorkommen in der KWD-Transkriptionsserie und Musikanthologie "Musica Helvetica", Fallstudien zur klassischen Musik und Verteilung nach den Provenienzen (Herkunftsstudios). Die Auswahl von 978 Stücken entspricht in den Anteilen nach Herkunftsstudios etwa ihren Anteilen im gesamten Bestand.

Die Bedeutung des Bestandes als klingendes Kulturgut der Schweiz liegt darin, dass es sich in gewisser Weise um eine Meta-Sammlung handelt, die ein nach dem Kriterium "Schweizer Musik" kanonisiertes Abbild des musikalischen Schaffens in Verbindung mit dem Rundfunk in jener Dekade darstellt – und damit des musikalischen Schaffens, das nicht auf kommerziellen Tonträgern verfügbar war. Neben diesen musikwissenschaftlichen und ethnomusikologischen Aspekten ist die Überlieferung der Sammlung wegen ihres Seltenheitswertes bedeutsam, denn bei geschätzt einem Viertel der Stücke (vermutlich mehr; Schätzgrundlage bildet die Auswahl) handelt es sich um Unikate, die entweder gelöscht wurden oder bei denen es sich um KWD-Eigenproduktionen handelt. Schliesslich ist die Sammlung Dür kulturwissenschaftlich-medienarchäologisch von Interesse, da der Bestand einmal nicht das dokumentiert, was für eine spätere Zeit aufbewahrt werden sollte, sondern vielmehr die Weise repräsentiert, wie das Radio seinen Unterhaltungsauftrag in jener Zeit interpretierte und erfüllte (denn die Stücke aus der Sammlung wurden ja zunächst und in erster Linie in den SRG-Studios für die jeweilige Region produziert und erst anschließend für den KWD kompiliert).

Erläuterungen zu den Kontextinformationen (Metadaten): Das Feld Archivnummer gibt die Archivnummer des Stücks beim Kurzwellendienst an; da es sich bei den meisten Stücken um Kopien aus anderen Studios handelt, gibt es im Bemerkungsfeld auch eine Originalarchivnummer (1.), die die Herkunft des Stücks anzeigt. Provenienzen: BS – Studio Basel, BE – Studio Bern, CD – Cédric Dumont, GE – Studio Genf, LA – Studio Lausanne, LU – Studio Lugano, ZH – Studio Zürich, n.v. – Originalarchivnr. nicht vorhanden. Stücke mit der Ergänzung ("X") wurden digitalisiert, die Ergänzung (XSRF gibt an, dass das Stück im Auftrag des Radios digitalisiert wurde, XBS, XLU, XZH geben an, dass das Stück vom Forschungsprojekt Broadcasting Swissness für die Digitalisierung ausgewählt wurde. Das Feld Aufnahmedatum gibt in der Regel das KWD-Kopierjahr an, also das Eingangsjahr des jeweiliges Stücks beim KWD; das Originalaufnahmedatum wurde für die Stücke, zu denen es ein Audio gibt mit Datum nachrecherchiert – es ersetzt so weit möglich das Kopierdatum; ; im Bemerkungsfeld findet sich dann unter (2.) das KWD-Kopierjahr. Ebenfalls im Bemerkungsfeld finden sich Hinweise darauf, ob ein Stück ein Unikat ist ("Unikat"), ob es oft beim Rundfunk gespielt wurde ("Anzahl Ausleihen"), oder ob es in der Anthologie Musica Helvetica auftaucht ("MH"), was bei 38 Stücken der Fall ist.

Literatur:

Müske, Johannes (2016, im Druck): Sammlungsgeschichte(n): Die Sammlung Dür – zur memopolitischen Karriere einer Sammlung von akustischer ‹Swissness›. In: Sascha Trültzsch-Wijnen/ Alessandro Barberi/ Thomas Ballhausen, Hg.: Geschichte(n), Repräsentationen, Fiktionen – Medienarchive als Gedächtnis- und Erinnerungsorte. Jahrbuch des Studienkreises Rundfunk und Geschichte, Köln: Herbert von Halem-Verlag.

Forschungsgruppe Broadcasting Swissness, Hg. (2016, im Druck): Die Schweiz auf Kurzwelle: Musik – Programm – Geschichte(n). Red.: Johannes Müske. Zürich: Chronos.

Titel
Inventar – Radiosammlung KWD-Sammlung Schweizer Musik
Umfang

Ca.7600 ¼ Magnetbänder

Auswahl/Vollständigkeit

Es wurde eine Auswahl von ca. 12 Prozent der Sammlung (978 Stücke) gemacht.

Informationen zur Erschliessung

[Keine Informationen vorhanden]

Rechte

[Keine Informationen vorhanden]

Original-ID
Dür
Original-Signatur des Bestands
B
Originaltitel des Bestands
Dür

Zugang

Geplant auf Anfang 2016 über das Netz der Höstationen der Schweizer Nationalfonothek.

Zuständige Institution Original
Zuständige Institution Master
Zuständige Institution Zugang

Datum der Übernahme in Memobase
2020-09-04
Memobase ID
srf-028
Dieser Bestand wurde mit der Unterstützung von Memoriav erhalten.
Zuständige Institution

Schweizer Radio und Fernsehen

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Siehe auch