Jahrmarkt Herisau 1924

Produktion

Achtung: Es sei dem verehrten Publikum von Herisau und Umgebung höfl. mitgeteilt, dass ich am Montag nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr das Jahrmarktsleben in Herisau kinematographisch aufnehme und Dienstag als Einlage zum Programm zur Vorführung bringen werde. (Appenzeller Zeitung, 4.10.1924)

(...) Und noch etwas: Am Montagnachmittag wird Herr Leuzinger das Leben und Treiben auf dem Ebnet kurbeln. Niemand versäume es, sich im Aktionskreis des geheimnisvollen Kastens aufzuhalten und dabei ein freundliches Gesicht zu machen; denn schon am Dienstag wird er sich auf der Leinwand sehen können (...) (Appenzeller Zeitung, 4.10.1924)

Wir wollen die Jahrmarktbesucher noch einmal daran erinnern, dass heute nachmittag Herr Leuzinger das Treiben auf dem Markt kurbeln wird. Niemand versäume also, dabei zu sein, um wenigstens einmal im Leben als Kinoschauspieler verewigt zu werden. Vielleicht wird bei dieser Gelegenheit ein neuer Filmstar entdeckt. (Appenzeller Zeitung, 6.10.1924)

Im Laufe des gestrigen Vormittags und auch am Nachmittag hat Herr Leuzinger, wie angekündigt, den Herisauer Jahrmarkt aufgenommen. Und zwar den Waren- und Viehmarkt sowohl als auch das Treiben in der Budenstadt. Heute wird der Film bereits abgekurbelt. Wer dabei war, wird also nicht versäumen, einmal ganz objektiv festzustellen, wie er leibt und lebt, wie er geht und steht, und ob in ihm nicht doch das Zeug zu einem Charlot, einem Harold Lloyd oder einer Mia May steckt. (Appenzeller Zeitung, 7.10.1924)

Anlass

Drei längere redaktionelle Berichte in der Appenzeller-Zeitung beschreiben den dreitägigen Herisauer Jahrmarkt von 1924 ausführlich, angefangen mit der Wetterlage - gegen Sonntagmittag hatte sich der Tag in sein schönstes Herbstgewand gestürzt, wobei die wunderbare, asphaltierte Hauptstrasse Gewähr gibt, dass man auch bei Regen nicht in einem unbeschreiblichen Moraste zu versinken droht. Es herrschte lebhafter Anreiseverkehr zu Fuss, per Rad und per Wagen und ungeheuere Massen sonntäglich herausgeputzter Jahrmarktbummler und -Bummlerinnen (die Doppelform findet man übrigens in den Zeitungen der Zeit wider Erwarten häufig) wälzten sich mit der Eisenbahn von St. Gallen, Unrnäsch, Waldstatt und Degersheim herbei. Schlag 2 setzen auf dem Ebnet die Orgeln und die einladenden Rufe der Schausteller mit dem grossen babylonischen Gewirr ein.
An Ständen werden die beiden Konfiserien Furrer und Hügli genannt und der genaue Budenkatalog hilft, die gefilmten Geschäfte zu identifizieren: Hagens Schiessbude und Diehls Schiesshalle, Boeses Menagerie mit gegen dreissig wilden Tieren, von denen einzelne sehr gut dressiert sein sollen, Müllers Bärentheater mit dem Bären, sehr drollig bald als Rollschuhläufer, Seiltänzer, bald als Ringkämpfer, Nocks Hippodrom und Nocks Variété, Bohnes Panorama - verbunden mit einer Schiessbude-, die Schiffschaukel Müller, Landolinis Untern "The Wipp" (schüttelt und rüttelt), Frenzels Grottenbahn (für Verliebte von wegen angenehmer Fahrt im Dämmerlich des Tunnels), Läuchlis Schwanenflieger und Schwendimanns Karussell. (Appenzeller Zeitung 4.10.1924)
Am Montag, dem Haupttage, regnete es dann doch ein wenig, aber trotzdem hatte man in der Budenstadt Mühe, durch das Gewühle zu kommen. Der Berichterstatter ist in die Menagerie geflüchtet, zu Riesenschlange (86kg) und Zwergäffchen (220g), andere ins Kino Leuzinger, wo der romantische Grossfilm Robin Hood als Hauptnummer über die Leinwand ging. (Appenzeller Zeitung, 7.10.1924)
Alle Marktberichte enthalten Hinweise zum Kinoprogramm und zur Filmaufnahme.