Herbst-Jahrmarkt (Messe) in St. Gallen Sonntag den. 12. Okt. 1924

Anlass

"(…) Gestern abend sind wir über den Brühl gegangen. Letztes Rüsten vor Beginn des Gallusmarktes. (...) Das Landvolk wird in die Hauptstadt kommen und seine Herbsteinkäufe besorgen. Die Städter aber werden sich freuen am Auf und Ab, Hin und Her, an dem Mancherlei und Vielerlei, vielleicht auch an der siebenfachen Festmusik. Es hat viele Orgeln auf dem Brühl; auch Bären kann man sehen; amerikanische Bahnen, die Schleuderbahn und die imposante Achterbahn. Und – ein Gruss aus alter Zeit! – breit und geheimnisvoll steht Leilichs Kunstmuseum an der langen Promenade! Kunstmuseum – nicht mehr Panoptikum. Aber es enthält die lebenden Wachsfiguren, die wir einst anstaunten, bis uns schier gruselte. Kunstmuseum – warum auch nicht? Ist es nicht eine Kunst, Menschen zu modellieren und mit einem Uhrwerk zum Leben zu bringen? Schier ehrfurchtsvollen Gruss diesem Museum, das wahrhaften Marktcharakter hat und ganz sicher auch einen Bildungszweck verfolgt.
Was gestern noch hinter Zeltvorhängen verborgen war, zeigt sich heute im Licht der klaren Herbstsonne. (...) Zuckerstengel, Schleckzeug, Bänder, Tuch, Spielwaren, Geschirr, künstliche Blumen, billiger Schmuck und schillernde Kunstseide – und jeder Händler preist die Güte seiner Ware. Billig, das ist ihr erstes, zweites und drittes Wort. Und ruhlos flutet das Volk. Wir wollen auch dabei sein. (…) (St. Galler Tagblatt, 11.10.1924)"