Portrait von Prof. Jean Rudolf von Salis, Historiker und Publizist
- 1982-01-10
- Durée: 00:32:33
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Description
Abstract:
Zusammenstellung von Ausschnitten aus einem mehrstündigen Gespräch, das Alfred A. Haesler für das Schweizer Fernsehen mit Jean Rudolf von Salis geführt hat.
Zur "Weltchronik", dem Kommentar von Salis' zur Kriegs- und Weltpolitik während dem Zweiten Weltkrieg, die damals auch vom Schweizerischen Kurzwellendienst ausgestrahlt wurde:
Es habe keine Vorschriften durch den Schweizerischen Bundesrat gegeben, da die Rundspruchgesellschaft kein Regierungsorgan gewesen sei. Er sei also kein Regierungssprecher gewesen. Die Forderungen nach Zurückhaltung seien eher Richtlinien gewesen. "Zensur verfeinert den Stil": Seine Kommentare seien ideologiefrei, in ausgewogenem Ton gehalten gewesen, hätten aber auch so schon eine Störung der deutschen Propaganda dargestellt. In einer autoritären Zeit seien die Leute hellhörig, sie hörten auch, was zwischen den Zeilen gesagt werde. [...]
Sequenzen:
1. [...] Zu seiner Weltgeschichte der neuesten Zeit (1870 - 1945):
Man solle nicht verzweifeln an der Tatsache, dass nicht aus der Geschichte gelernt werde. Eine richtige Interpretation der Lehren aus der Geschichte sei nötig. Die Geschichte als Gedächtnis der Menschheit spiele eine Rolle bei der Gestaltung der Politik. Es gebe Staatsmänner, die aus der Geschichte Lehren gezogen hätten.
2. Er habe seine Weltgeschichte bei einer zu Ende gehenden Epoche Europas abgeschlossen, beim Niedergang der europäischen Bedeutung und Macht und dem gleichzeitigen Aufstieg Amerikas und Asiens . Die "Lösung" der Deutschen Frage mit Beendigung des Zweiten Weltkriegs habe von einem Albdruck befreit, sei eine Art Happy End. Gleichzeitig seien mit der Teilung Europas und dem Gegensatz zwischen Ost und West schlimmstmögliche Situationen geschaffen worden.
3. Damit habe er sich oft publizistisch auseinandergesetzt.
Zu seiner aktiven Teilnahme an Bemühungen, Europa föderativ zu vereinigen, um seinen Abstieg zu verhindern:
Europa bestehe aus in souveränen Staaten organisierten Nationen. Ein supranationaler vereinigter Staat Europa habe nicht entstehen können, da die Zugehörigkeit zu einer Nation nicht auflösbar sei. Es sei aber die Feindschaft zwischen den westeuropäischen Nationen abgebaut worden.
4. Europa habe eine Bremswirkung gegenüber Amerika im Versuch, eine Konfrontationspolitik gegenüber dem Osten zu verhindern.
Zu den Spannungen zwischen den beiden Supermächten:
Die Kriegsbereitschaft Amerikas habe wegen seiner Schwäche aufgrund innenpolitischer Probleme abgenommen. Die Russen wollten keinen Krieg. Die gegenseitige Angst voreinander sei jedoch sehr gefährlich.
5. Kriege seien jedoch bei der heutigen Zerstörungskraft als Mittel der Politik nicht mehr einsetzbar.
Zur Gefahr der Umweltzerstörung: Die naturwissenschaftlich-technische Revolution habe ein System geschaffen, das heute mehr als die Politik die Welt beherrsche. Dieses moderne Industriesystem habe möglicherweise zu einer viel grösseren Ähnlichkeit unter den grossen Industriestaaten geführt, als man glaube.
6. Zum Gegensatz zwischen dem Zukunftsglauben von früher und dem tiefen Pessimismus von heute:
Es habe eben nicht nur einen Fortschrittsglauben, sondern auch Fortschritt gegeben. Europa sei noch vor etwa 200 Jahren unterentwickelt gewesen. Diesen technischen Fortschritt solle man nicht verachten. Er habe aber auch viel zerstört.
Jetzt müssten Mittel gefunden werden, diese Schäden zu heilen.
Zur Neutralität der Schweiz:
7. Im Bewusstsein der Schweizer habe sich die Idee der staatlichen Unabhängigkeit mit der Idee der aussenpolitischen Neutralität vermischt. Er kritisiere eher die Praxis der Neutralität: diese könnte im Frieden viel aktiver sein. Er halte einen UNO-Beitritt für vereinbar mit der Idee der Neutralität. Von Salis nennt das Beispiel Österreich, das von den Siegermächten zu Neutralität aufgefordert wurde und das dann der UNO beitreten konnte. Dies zeige,
8. dass ein neutraler Staat in der UNO Einsitz nehmen könne. Das ständige Vermeiden von Risiken, von Teilnahme an internationaler Verantwortung, könne auch Gefahren bergen. Ein Nicht-Beitritt schade, da die Schweiz isoliert bleibe.
Zusammenstellung von Ausschnitten aus einem mehrstündigen Gespräch, das Alfred A. Haesler für das Schweizer Fernsehen mit Jean Rudolf von Salis geführt hat.
Zur "Weltchronik", dem Kommentar von Salis' zur Kriegs- und Weltpolitik während dem Zweiten Weltkrieg, die damals auch vom Schweizerischen Kurzwellendienst ausgestrahlt wurde:
Es habe keine Vorschriften durch den Schweizerischen Bundesrat gegeben, da die Rundspruchgesellschaft kein Regierungsorgan gewesen sei. Er sei also kein Regierungssprecher gewesen. Die Forderungen nach Zurückhaltung seien eher Richtlinien gewesen. "Zensur verfeinert den Stil": Seine Kommentare seien ideologiefrei, in ausgewogenem Ton gehalten gewesen, hätten aber auch so schon eine Störung der deutschen Propaganda dargestellt. In einer autoritären Zeit seien die Leute hellhörig, sie hörten auch, was zwischen den Zeilen gesagt werde. [...]
Sequenzen:
1. [...] Zu seiner Weltgeschichte der neuesten Zeit (1870 - 1945):
Man solle nicht verzweifeln an der Tatsache, dass nicht aus der Geschichte gelernt werde. Eine richtige Interpretation der Lehren aus der Geschichte sei nötig. Die Geschichte als Gedächtnis der Menschheit spiele eine Rolle bei der Gestaltung der Politik. Es gebe Staatsmänner, die aus der Geschichte Lehren gezogen hätten.
2. Er habe seine Weltgeschichte bei einer zu Ende gehenden Epoche Europas abgeschlossen, beim Niedergang der europäischen Bedeutung und Macht und dem gleichzeitigen Aufstieg Amerikas und Asiens . Die "Lösung" der Deutschen Frage mit Beendigung des Zweiten Weltkriegs habe von einem Albdruck befreit, sei eine Art Happy End. Gleichzeitig seien mit der Teilung Europas und dem Gegensatz zwischen Ost und West schlimmstmögliche Situationen geschaffen worden.
3. Damit habe er sich oft publizistisch auseinandergesetzt.
Zu seiner aktiven Teilnahme an Bemühungen, Europa föderativ zu vereinigen, um seinen Abstieg zu verhindern:
Europa bestehe aus in souveränen Staaten organisierten Nationen. Ein supranationaler vereinigter Staat Europa habe nicht entstehen können, da die Zugehörigkeit zu einer Nation nicht auflösbar sei. Es sei aber die Feindschaft zwischen den westeuropäischen Nationen abgebaut worden.
4. Europa habe eine Bremswirkung gegenüber Amerika im Versuch, eine Konfrontationspolitik gegenüber dem Osten zu verhindern.
Zu den Spannungen zwischen den beiden Supermächten:
Die Kriegsbereitschaft Amerikas habe wegen seiner Schwäche aufgrund innenpolitischer Probleme abgenommen. Die Russen wollten keinen Krieg. Die gegenseitige Angst voreinander sei jedoch sehr gefährlich.
5. Kriege seien jedoch bei der heutigen Zerstörungskraft als Mittel der Politik nicht mehr einsetzbar.
Zur Gefahr der Umweltzerstörung: Die naturwissenschaftlich-technische Revolution habe ein System geschaffen, das heute mehr als die Politik die Welt beherrsche. Dieses moderne Industriesystem habe möglicherweise zu einer viel grösseren Ähnlichkeit unter den grossen Industriestaaten geführt, als man glaube.
6. Zum Gegensatz zwischen dem Zukunftsglauben von früher und dem tiefen Pessimismus von heute:
Es habe eben nicht nur einen Fortschrittsglauben, sondern auch Fortschritt gegeben. Europa sei noch vor etwa 200 Jahren unterentwickelt gewesen. Diesen technischen Fortschritt solle man nicht verachten. Er habe aber auch viel zerstört.
Jetzt müssten Mittel gefunden werden, diese Schäden zu heilen.
Zur Neutralität der Schweiz:
7. Im Bewusstsein der Schweizer habe sich die Idee der staatlichen Unabhängigkeit mit der Idee der aussenpolitischen Neutralität vermischt. Er kritisiere eher die Praxis der Neutralität: diese könnte im Frieden viel aktiver sein. Er halte einen UNO-Beitritt für vereinbar mit der Idee der Neutralität. Von Salis nennt das Beispiel Österreich, das von den Siegermächten zu Neutralität aufgefordert wurde und das dann der UNO beitreten konnte. Dies zeige,
8. dass ein neutraler Staat in der UNO Einsitz nehmen könne. Das ständige Vermeiden von Risiken, von Teilnahme an internationaler Verantwortung, könne auch Gefahren bergen. Ein Nicht-Beitritt schade, da die Schweiz isoliert bleibe.
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