Trachtenfest in Appenzell Sonntag d. 20. Juli 1924 / La fête de costume à Appenzell Dimanche, le 20 juillet 1924

Rezeption

„Die zehn Gebote“, ein ganz hervorragender Film, welcher speziell durch seine grossartige antike Ausstattung wirkt; das Trachtenfest in Appenzell, welches für viele von uns eine höchstpersönliche Note hat (...) (Appenzeller Volksfreund, 26.9.1925)

Speziell der Cinéma Leuzinger erfreute sich eines sehr zahlreichen Besuches. Der Andrang war bei den Abendvorstellungen zeitweise so gross, dass man um den Brustkasten besorgt sein musste. (...) Das hiesige Trachtenfest wurde bei fast jeder Vorstellung eigens verlangt.
(Appenzeller Volksfreund, 29.9.1925)

Diesen und den Film des Feuerwehr-Caderkurses Appenzell 1925 zeigte der Cinema Leuzinger bei seinem Kilbi-Gastspiel 1932 in appenzell erneut, bemerkenswerterweise.

Produktion

Über Leuzingers Produktion ist nichts bekannt, doch offenbar fand das Fest generell eine starke mediale Beachtung, es wurde da intensiv fotografiert (von Amerikanern, Engländern, Holländern und Einheimischen) und gefilmt. (Appenzeller Volksfreund, 26.7.1924)

Das Wanderkino Dahlmann-Fassold zeigt am Appenzeller Jahrmarkt 1924 vom 28. bis 30. September täglich die eigenen Aufnahmen des Films. Leuzinger gastiert erst 1925 zum ersten Mal in Appenzell und bringt dann erst seine Aufnahmen zur Aufführung.
Von dem Film sind zwei Kopien erhalten, eine Schwarzweisskopie ohne Zwischentitel auf Agfamaterial und eine Luxusausgabe mit zweisprachigen Titeln und Viragen in mehreren Farben auf vorgefärbtem Pathématerial.
Wahrscheinlich wurde die Agfakopie kurz nach der Aufnahme für die intensive Erstauswertung im Sommer und Herbst 1924 gezogen, aber nie benutzt; sie enthält keine Zwischentitel. Leuzingers Inszenierung 1924 erwähnt jedoch die Zwischentitel praktisch im Wortlaut:

Volks- und Trachtenbilder in alter und neuer Zeit. Alte Zeit: Ehrung der Ahnen durch die Jugend, Frauen und Töchter in ältesten Trachten (aus der Mitte des 18. Jhdts.), Aufzug zur Landsgemeinde, Hochzeit vor 100 Jahren und Gang zur Taufe, Megglisalper Stubete (Aufführung der Spezialtänze). Neue Zeit: Knaben und Mädchen in fröhlichem Durcheinander, bei der Arbeit in Haus und Feld (Stickerinnen, Sennen), Alpaufzug, Festtagstracht, Festumzug.
(Grenz-Post, 15.8.1924)

Die vorhandene schwarzweisse Kopie ohne Titel kann also schwerlich jene sein, die 1924 ausgewertet wurde.
Bis Februar 1925 – zuletzt für die Beerdigung von General Wille vom 12.2.1925, mit Aufführungsnachweisen ab Mitte März 1925 – hat Leuzinger für die Positive normalerweise schwarzweisses Agfamaterial verwendet; ab März 1925 vorgefärbtes Pathé-Material.

Hypothese aufgrund von Indizien und Parallelfällen: Die farbige Kopie wurde nach dem 12.9. 1925 – Aufnahmedatum des Trachtenfestes Bern – im Hinblick auf die Erstaufführung in Appenzell Ende September produziert, neben jener des Trachtenfestes Bern ist sie eine der luxuriösesten des Bestandes, mit sonst nicht verwendeten auffälligen Farben wie Rosa (2840) und Hellgrün (3026). Die vielfarbigen Positive konzentrieren sich auf Aufnahmen und Vorführungen im September und Oktober 1925."

Anlass

(…) Schon am Vormittag rückten Fussgänger, Velo- und Autofahrer zahlreich in unserer Residenz ein und um die Mittagsstunden, als die Züge von Herisau und St. Gallen eingefahren waren, drängten sich die Menschen in so dichten Scharen in den engen Gassen, dass es zeitweilig geradezu unheimlich wurde (...) Alles strömte der Wiese beim „Heilbrunnen“ zu, und diese nahm die Menschenmenge, es waren über 10‘000 Köpfe bereitwillig auf (...) Und all die tausende konnten jedes Bild, jede Handlung, jedes Lied und jeden Jodler, alles, was die zahlreichen Darsteller auf der geräumigen Bühne darboten, sehen und hören. Da war denn, was an alten und neuen Trachten im Lande vorhanden ist, vom besten und schönsten zu sehen. Ein farbenprächtiges, von der Sonne durchleuchtetes, herzerfrischendes Bild löste das andere ab und zwischen hinein erschallten Jodler und Lied und es drehten sich die Paare im Tanze nach alter und neuer Weise. Nach 4 Uhr formierten sich die verschiedenen Gruppen auf der Gaiserstrasse zum Zuge durch das Dorf und das Publikum stellte sich auf Strassen und Plätzen auf und liess die bunten, frohen Bilder noch einmal an sich vorüberziehen (...) (Anzeiger von Uster, 22.7.1924)